Saturday, May 27, 2006

thirsty thursdays in tennant creek

ihr lieben,

befinde mich nunmehr schon seit drei wochen etwa fünfhundert km nördlich von alice springs im sogenannten »shithole« australias. und das ist nicht untertrieben. in tennant creek gibt es aber auch so fast gar nichts zu sehen. die stimmung ist eher depressiv, das stadtbild dominieren betrunkene aboriginies, die am straßenrand rumlungern und geschäfte, die zu jeder tageszeit geschlossen scheinen (wenn man nicht nach den winzigen »open« schildern sucht). jeder kennt jeden, aber fast keiner kann fast keinen leiden. kleinstadt halt. und dann ooch noch mitten in der wüste.
nun begab es sich aber, dass ronnie (der kondom-überm-kopf-mann aus dem lions den, welcher hier ansässig ist) mich seiner bekannten jasmine vorstellte, die mich netterweise ganz unter ihre (nicht zu klein geratenen) fittiche nahm. sie arbeitet im hiesigen pub und hat mir auch gleich ne schicht besorgt. meine lions den erfahrung kam mir sehr zu gute, denn als eine meiner kompetenten und liebenswerten kolleginnen gesagt wurde, sie solle mir die kasse zeigen, sagte die doch glatt »that´s the till« – und das wars. zum glück war es sehr geschäftig und ich hatte keine zeit darüber nachzudenken. am ende gabs noch zwei schlägereien, so mit blutiger nase und so, ick sage euch, dit is hier alles ein bißchen rustikaler.




auch hier gabs ne miene zu besichtigen, mit einer echt interessanten führung übrigens. so konnte ich sehen, wie die das so früher gemacht haben, als alles noch reine handarbeit war.


ein paar tage später bekam ich dann einen job auf ner cattle station fünf km out of town. mir wurde auch gleich gesagt, dass es wohl mehr putzerei, bügelei und gartenarbeit werden würde, da cattle-mäßig gerade nicht so viel los war. is mir ja wurscht, hab ich gedacht, hauptsache die kohle stimmt. ich zog also zu familie ford auf die tennant creek station.

das haupthaus...


das sind die dongas in denen ich wohnte, zusammen mit peter, dem lehrer der kinder...


herrliche blumenbüsche...


meine güte, das leben hier ist ja sowas von anders. hier dreht sich alles um rinder, pferde, roadtrains, campdrafts u.s.w. als ich meiner chefin leigh erklärte, dass ich grafik-design studierte, sagte sie nur »was weiß ich denn, was das ist...« selbige ist ja die absolute herrin im hause, geplagt von einem, meiner meinung nach außerordentlichen reinlichkeits- und kontrollzwang. zur einstimmung durfte ich dann auch mal gleich dreißig jeans bügeln (ist kein witz, hab sie gezählt). sie hat vier kinder zur welt gebracht, zwei davon sind im internat und die anderen beiden, tom (11) und bessie(8) leben im haus.




an den harschen ton der mutter zur ihren kindern musste ich mich auch erstmal gewöhnen. sie schien dauergenervt, vor allem, wenn ein kekskrümel auf den boden fiel. das klingt ja alles ganz schön negativ, in wirklichkeit war sie nämlich sehr nett zu mir, obwohl sie meiner meinung nach nen ganz schönen schuss hat (aber das haben wohl alle »horsepeople« hier). es gab nämlich jeden abend lecker gekochtes frisch vonner schlachtbank.



außerdem hatte ich nette gesellschaft, peter (56), den lehrer der kinder. der wurde nämlich extra für die beiden angestellt. zu recht fragte ich mich, warum die beiden nicht in tennant creek zur schule gehen und war etwas geschockt zu hören, dass da zu viele black fellas seien. aber es kommt noch schlimmer, peter erzählte mir, dass die kinder gelehrt werden den aboriginies nicht in die augen zu schauen. unfassbar! das ist doch schlimmer als in brandenburgs hinterletztem dorf.
eines abends, nachdem leigh während eines sogenannten cattlemeetings mit anschließendem bbq ein paar rum intus hatte (zu diesem zwecke wurden einige hektar von rasen gemäht und das haus von außen geschrubbt (und nochmal, kein scheiß!))... jedenfalls legte ich mich mit ihr an, weil sie und eine ihrer konservativen freundinnen meinte, über schwule und lesben herzuziehen und das sie ja nicht normal seien und das es das ja früher nicht gab. ich musste diese vorstellung alsbald verlassen, da ich sowas ja nicht ab kann. peter amüsierte sich köstlich und wir lachten noch am nächsten tag, als wir in die stadt fuhren. ich fragte nämlich ein paar indigenious people nach dem weg und wir stellten uns vor, leigh von unserem treffen mit schwulen! aboriginies! zu erzählen...


aber mal abgesehen von diesen problematiken hat es mir ganz gut gefallen. die ersten tage waren etwas langweilig, kühlschrank sauber machen (mmhhh lecker), eisschrank sauber machen, kühlraum sauber machen. die letzten tage verbrachte ich mit beete umgraben, das war zwar körperlich ganz schön anstrengend, aber ich konnte den ganzen tag an der frischen luft unter der australischen sonne sein.


an einem abend sind wir sogar alle ausgegangen, um einen boxkampf im sporties zu sehen und obendrauf gabs noch ein leckeres dinner. fair warn se schon, die fords. auch an diesem abend gabs blutige nasen vor der tür. aber das scheint hier echt normal zu sein...
das ist leigh – the stationwoman, übrigens eine echte powerfrau, die hüpft über zäune, als wäre es nichts....


nach einer woche hat es mir dann doch gereicht. was echt schön war, war mein morgentliches jogging in den sonnenaufgang, herrlich...


...und die famosen sonnenuntergänge. wenn man eine weile so lebt, kann man sich nicht mehr vorstellen, in eine stadt zu gehen. man fühlt sich wirklich wie ein stranger.


an meinem letzten tag nahmen sie mich doch noch mit zum mustering, dass wollte ich nämlich unbedingt sehen. hatte zwar nicht wirklich ahnung, wusste nur, dass es mit rindern und pferden zu tun hat. es wurden die lunchpakete geschnürt, pferde in den roadtrain verpfrachtet und los gings. wir fuhren zu einem anderen »grundstück« der fords (das ist mehr weide, riesengroß...).


die rinder wurden per helikopter eingetrieben. der helikoptermann war ein extrem gutaussehender aussie (der kevin kostner der lüfte) und ich war leider zu schüchtern, ihn zu fragen, ob ich nicht für einen kleinen rundflug mitkommen kann. pech gehabt, dass sah nämlich ganz schön aufregend aus, wie der so hoch und runter und kreuz und quer flog, immer ganz schön dicht am boden.


ken (achso, dass ist der hausherr, aber wie gesagt, der hat nicht viel zu melden) und leigh schwangen sich auf die pferde und auch die kinder mussten arbeiten. so wurden auch die letzten kühe eingetrieben. danach gings zum »drafting«. die herde wird aussortiert nach welchen kriterien auch immer. muss was mit dem verkauf zu tun haben.





ich war nur kurz zu pferde, klein bessie führte mich auf ihrem »tommy« rum. sie ist ein richtiges cowgirl und sowas von süß und aufgeweckt. die hätt ich glatt adoptiert.



später spielten wir krieg mit kleinen melonen, peter und bessie und ich gegen tom mit abwehr hinterm ameisenhügel...



tja und dann musste ich auch schon los und zwei stunden später stand ich hinterm tresen vom tennant creek hotel. dort habe ich mittlerweile ein paar schichten runtergerissen. das ist jasmine vor dem pub...


gestern war »thirsty thursday«, so wird der payday für die aboriginies genannt. die stehen nämlich punkt zwölf schlange, um in der kneipe ihre von der regierung gestellte sozialhilfe zu versaufen und an den pokies zu verspielen. ist das nicht traurig? na jedenfalls war ganz schön viel zu tun, ihr hättet mich sehen sollen. der ganze laden voller schwarzer gesichter und icke mittendrin. die weißen sind sauer, da es ihre steuergelder sind, die hier verschwendet werden. die sind hier alle rassisten und schimpfen mächtig auf die »abo´s«. mein chef fragte mich gestern, ob ich schon angefangen hab, die schwarzen zu hassen. ich sagte ihm, dass ich aus deutschland komme und wir dort mit rassismus sehr vorsichtig sind. er meinte nur »you will!« ich dachte nur, wenn die nicht wären, würden seine tagesumsätze auf ein viertel schrumpfen. wanker!!!


es ist doch eine schande, dass die regierung nach wie vor nicht in der lage ist, diese problematik anzugehen. um ihr schlechtes gewissen zu beruhigen, werden den aboriginies häuser gestellt, die diese verotten lassen. die wenigsten von ihnen ziehen vor zu arbeiten, na müssen se ja auch nicht, kriegen ja geld vom staat. ich weiß auch nicht, aber ich finde das alles ganz schön erbärmlich.

zum schluss aber noch was gutes über tennant creek. egal, wann man hier aufwacht, es ist einfach immer ein strahlend blauer himmel, ein unglaubliches blau. jasmine nahm mich gestern zu einer kleinen touritour mit. wir besuchten die tennant creek telegraph station, die pebbles (eine kleine ausführung der im letzten blog gezeigten devils marvels) den mary ann dam und die alte mine.



heute gibts im tennant creek hotel ne stripshow und ich werde vermutlich arbeiten. nein, nein, nicht was ihr denkt... dit könn die ja nich bezahlen... auf jeden fall wird ganz tennant creek ausflippen. ich werde wahrscheinlich bei den male strippern arbeiten und die ganzen kreischenden einheimischen mädels abfüllen, grusel!!
zum glück gehts in ein paar tagen weiter nach darwin. viel länger kann ich es hier nämlich nicht aushalten. wenn ich keine mitfahrgelegenheit mit z.b. einem truckie (das wär ja auch mal n erlebnis) bekomme, werde ich vorraussichtlich mit dem ghan (das ist der zug von adelaide nach darwin) fahren. das ist bestimmt spannend und mal was anderes als bus. ich kanns kaum erwarten!!!

eure pferdeflüsterin

2 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Ach Süße, was ein shithole! Freue mich schon über nettere Ausi-Leute in den folgenden Geschichten! Gute Weiterfahrt! Deine Susa

5/31/2006 7:36 pm  
Anonymous Anonymous said...

...also, ich find ja: sehr geiler Teil der Reise!

Und vor allem kann ich mich ja nicht genug satt sehen an diesen Termitenhügeln!!!

Extrem klasse Bild: IMG_2208.jpg

Weiter so und unerschöpfliches Durchhaltevermögen

wünscht

Markus Klopsch

6/03/2006 9:16 am  

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